NeMUP Forschungsverbund

Neurobiologische Grundlagen von Pädophilie und sexuellem Missbrauchsverhalten gegen Kinder

Häufige Fragen

 

Was ist Pädophilie?
Pädophilie bezeichnet eine sexuelle Erregbarkeit durch Kinder, die sich in ihrer körperlichen Entwicklung vor dem Beginn der Pubertät befinden (im Allgemeinen bis 10/11 Jahre). Der Begriff sollte erst Verwendung finden, wenn sich wiederholt in sexuellen Fantasien, Impulsen oder Handlungen ein sexuelles Interesse an Kindern zeigt. Dabei gilt nach der neuesten Version des DSM (das amerikanische Klassifikationssystem psychischer Störungen) Pädophilie nicht als psychische Störung, sondern ist eher als eine Art der sexuellen Orientierung (Alterspräferenz) zu werten. Als psychische Störung wird Pädophilie erst dann verstanden, wenn die sexuelle Präferenz zu einem Leider der Person oder zu sexuellem Kindesmissbrauch führt.

 

Was bedeutet Hebephilie?
Von Hebephilie wird gesprochen, wenn eine solche Erregbarkeit durch Kinder und Jugendliche hervorgerufen wird, deren körperliche Entwicklung bereits Merkmale der Pubertät aufweist (im Allgemeinen 11-14 Jahre). Menschen mit sexuellem Interesse an Kindern oder Jugendlichen begehen nicht zwangsläufig sexuelle Übergriffe oder nutzen entsprechende Abbildungen, die einen sexuellen Missbrauch darstellen (sog. Kinderpornografie). Daher müssen die Begriffe Pädophilie/Hebephilie und sexueller Kindesmissbrauch unterschieden werden.

 

Und was gilt als Kindesmissbrauch?
Die strafrechtliche Bezeichnung sexueller Kindesmissbrauch beschreibt ausschließlich sexuelle Handlungen mit Kindern, während unter Pädophilie/Hebephilie eine sexuelle Erregbarkeit verstanden wird. Die Hälfte der Missbrauchstäter sind weder hebe- noch pädophil.

 


 

Was bedeuten die Begriffe „Hellfeld“ und „Dunkelfeld“?
Taten, die in irgendeiner Form justizbekannt sind, werden als Taten im Hellfeld bezeichnet. Ein großer Teil der tatsächlich verübten sexuellen Übergriffe auf Kinder gelangt jedoch nicht zur Anzeige, wird von Justiz und Strafverfolgung nicht erfasst und wird folglich auch in keiner Kriminalstatistik aufgeführt. In der Kriminologie wird dieser Bereich als Dunkelfeld bezeichnet.

 

Warum ist es wichtig, die neurobiologischen Grundlagen von Neigung und Verhaltensstörung zu differenzieren?
Neigung bezeichnet die in Intensität und Dauer schwankende Hinwendung zu Personen oder Objekten, also individuelle Verhaltenstendenzen, die auf Gegenstände,Tätigkeiten, Erlebnisse und Lebensbereiche projiziert sind.
Eine Verhaltensstörung oder Störung des Sozialverhaltens gilt als eine anhaltende Verletzung altersangemessener gesellschaftlicher Normen und Verletzung von Rechten anderer Personen.
Mädchen und Frauen zeigen wesentlich seltener ein solches dissoziales Verhalten.
Dissozialität ist eine nach dem ICD-10 und DSM-IV gelistete Störung, mit einer Dauer von mindestens 6 Monaten. Im Gegensatz zur Neigung gibt es bei einer Verhaltensstörung eine definierte Ätiopathogenese, Symptomatik und neurobiologische Veränderungen.
Durch Therapien kann der Patient erlernen, sein Verhalten zu kontrollieren.

 

Wie hilft das Projekt Pädophilen?
Viele pädophile Männer sind sich ihrer Veranlagung nicht bewusst. Bisher haben sie keine Kinder sexuell belästigt, aber die Möglichkeit, beziehungsweise der Drang dazu, besteht.
Wenn eine exakte Diagnose frühzeitig gestellt wird, kann Hilfe (beim Umgang mit seinen sexuellen Impulsen und dem aus dieser Neigung gegebenenfalls entstehenden Problemen) in Anspruch genommen werden und es kann so verhindert werden, dass Pädophile straffällig werden und, dass Kinder missbraucht werden.
Eine pädophilie Präferenz (wie auch Hetero- oder Homosexualität) ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft weder heilbar, noch gibt es eine kausale Erklärung dafür, wie die Präferenz entsteht. Bisherige Studienergebnisse deuten auf eine Kombination aus seelischen, sozialen und biologischen Faktoren hin. Weitere Studien sind nötig, um die Entstehung und den Verlauf genau zu verstehen, um so die Therapie zu verbessern und Betroffen umfassende Hilfe anbieten zu können.
Durch eine Teilnahme (auch als Kontrollproband) an Studien des NeMUP Projektes werden die Forscher auf dem Weg zu diesen Zielen aktiv unterstützt.

 

Was hat die Gesellschaft von dem Projekt?
Ziel ist es auf Basis eines verbesserten Verständnisses für die Ursachen von Pädophilie und sexuellem Kindesmissbrauch, die die Zahl potentieller Opfer zu senken. Finanzielle Aufwendungen (z.B. für die Haftunterbringung von Tätern, Kosten des Gerichtsverfahrens und für die Therapie von Opfern), könnten an anderer Stelle für medizinische und psychologische Therapie und Prävention verwendet werden und die Gesamtkosten so deutlich reduziert werden.

 

Wie hängen NeMUP und Kein-Täter-Werden zusammen?
Kein-Täter-werden ist ein Präventions- und Forschungsnetzwerk, dessen Ziel es ist, ein kostenloses, flächendeckendes und von der Schweigepflicht geschütztes therapeutisches Angebot für Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und deshalb Hilfe suchen, zu etablieren und weiterzuentwickeln. Bisherige Standorte sind Berlin, Kiel, Hannover, Hamburg, Leipzig, Regensburg und Stralsund. 
Neben der Teilnahme an dem einzel- und gruppentherapeutischen Angebot, ist eine Teilnahme an wissenschaftlichen Studien ausdrücklich erwünscht. Nur so können neue Erkenntnisse bzgl. Entstehung, Prävalenz, Diagnostik und Therapie gewonnen und bestehende Angebote verbessert werden. Der Forschungsverbund NeMUP ist eines dieser wissenschaftlichen Projekte.

 

Wie wird das Verbundprojekt gefördert?
Das NEMUP Verbundprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Schwerpunktes Missbrauch, Vernachlässigung und Gewalt gefördert. Die Bundesregierung hat 2010 den Runden Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen im familiären Bereich“ eingerichtet. Sexueller Missbrauch bei Kindern und Jugendlichen ist ein seit langem bekanntes Problem. Das Thema wurde jedoch nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Forschung lange Zeit tabuisiert. Ziel ist es, Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt besser zu schützen und das Thema Missbrauch zu enttabuisieren.

 

Warum gibt es 5 Standorte?
Jeder Standort vertritt im Rahmen des Verbundvorhabens spezielle Forschungsinteressen und - schwerpunkte. In Hannover stehen besonders neuroendokrinologische und epigenetische Aspekte im Vordergrund, während in Berlin Empathie und Emotionsregulationsfähigkeit besonders beleuchtet werden. Kognitive Kontrollmechanismen in der Verhaltenssteuerung stehen im Zentrum der Untersuchungen der Forscher der Universität Duisburg-Essen. In Kiel soll Magnetresonanztomographie als neue diagnostische Methode validiert werden und in Magdeburg sind neuronale Botenstoffe sowie nicht-invasive Biomarker als Differentialdiagnostik von zentralem Interesse. Eine Datenerhebung an mehreren Standorten vermag es, die Aussagekraft von Forschungsergebnissen zu erhöhen.

 

Haben die Untersuchungen Risiken oder Nebenwirkungen?

Nach einer ausführlichen Aufklärung durch einen Arzt werden im Rahmen der Untersuchungen Interviews durchgeführt und Fragebögen ausgefüllt, die sich mit Persönlichkeit und Sexualität beschäftigen und es werden Blutproben entnommen, um Hormone und Gene zu untersuchen. Außerdem findet eine magnetresonanztomographische Messung (MRT) statt, während der  unter anderem verschiedene Bilder sexuellen Inhaltes dargeboten werden. Die Untersuchungen entsprechen bezüglich Risiken und Nebenwirkungen einem routinegemäßen Arztbesuch. Magnetresonanztomographie ist nicht-invasiv und benötigt keine Röntgen-Strahlung.

 

Wie kann ich teilnehmen?

Zum einen können pädophile und hebephile Männer zwischen 18 und 55 Jahren als Teil der Experimentalgruppe teilnehmen. Zum anderen werden gesunde Männer zwischen 18 und 55 Jahren für die Vergleichsgruppe gesucht. Sichere Kenntnisse der deutschen Sprache werden vorausgesetzt.

Wenn Sie Interesse haben an den Studien teilzunehmen, auch als Proband, können Sie sich
auch ohne Nennung Ihres Names entweder telefonisch oder per Email direkt an die Standortverantwortlichen wenden. Nicht notwendigerweise muss der nächstgelegene Standort gewählt werden. Klicken Sie auf einen Standort Ihrer Wahl um eine Email zu schicken: Berlin, Essen, Kiel, Hannover, Magdeburg.

Die jeweilige Email Adresse setzt sich aus
"probanden_" + "Name der Stadt in Kleinbuchstaben" + "@nemup.de" zusammen.

 

Anonymisierung und Schweigepflicht
Die Datenerhebung ist von Anfang an anonymisiert und sämtliche Personen, die an dem Verbundprojekt mitarbeiten, sind an die ärztlichen Schweigepflicht gebunden.

 

Kann eine Diagnose als Ausrede ausgelegt werden?
Nein. Nach heutigem Wissen ist die sexuelle Ansprechbarkeit durch vor- oder frühpubertäre Körper keine freie Wahl der Betroffenen, wohl aber das Ausleben oder Unterdrücken von Handlungsimpulsen. Die Ursachen sowohl der sexuellen Ansprechbarkeit als auch einer möglicherweise fehlenden Kontrollfähigkeit zu untersuchen ist Ziel des Forschungsverbundes. Die Identifikation möglicher biologischer Korrelate kann dabei die Betroffenen nicht von der Verantwortung entbinden, entsprechende Impulse mit der Gefahr der Schädigung anderer zu kontrollieren.

 

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